Der Fachartikel über die Akzeptanz von CRM Systemen im Vertrieb wurde zunächst von der Creditreform in deren Beraterbörse veröffentlicht. Da er online nicht mehr verfügbar ist, haben wir den Artikel nochmals veröffentlicht.
Investitionen in ein CRM System können schnell in der Praxis durch die mangelnde Akzeptanz der Vertriebsmitarbeiter scheitern. Gerade sehr erfahrene und erfolgreiche Vertriebler sehen CRM Systeme oft nur als Kontrollinstrument.
Dr. Georg Krieger zeigt auf, wie es besser gehen kann. Wenn der Nutzen eines CRMs für einen Vertriebsmitarbeiter groß ist, wenn die Vorteile in der täglichen Arbeit spürbar sind, dann wird sich die Rentabilität eines CRM Systems auch für den einzelnen Mitarbeiter schnell zeigen.
Optimierte Kontrolle oder kontrollierte Optimierung der Vertriebsprozesse – Von komplexen Excel Lösungen bis zu Kundenmanagementsystemen
Beim vorletzten Bier im Partykeller war es dann soweit [1]: Der erfahrene Vertriebsmitarbeiter zog vom Leder. Nur Verwaltungskram sei das, es fehle dann die Zeit für das Gespräch mit dem Kunden, er fühle sich genügend von der Geschäftsführung kontrolliert. Das vom Mutterkonzern aufgezwungene Kundenmanagementsystem nutzt ihm im Vertrieb nichts.
Viele Vertriebsmitarbeiter werden teilweise offen, teilweise hinter vorgehaltener Hand über das negative Gefühl der Kontrolle durch Kundenmanagement Systeme schimpfen. Tatsächlich predigen noch heute viele Vertriebs-Consultants das amerikanische Führungsprinzip des Vertriebs. Das wird der Vertriebsmann gegrillt, der Kunde ist ein Target und es werden Sponsoren beim potenziellen Kunden gesucht und notfalls wird eskaliert.
Dabei fing alles so gut an: Nachdem Microsoft Excel im Rechnungswesen seine Bedeutung immer verlor, fand Excel eine neue Heimat im Vertrieb. Dort wurden immer aufwändigere Listen gepflegt und die Auswertungen immer komplexer. Hier fand aber auch die Kritik seinen Anfang. Nicht die Unterstützung des Vertriebs stand bei diesen Excel Lösungen im Vordergrund, sondern dessen Auswertungsmöglichkeiten.
Und je umfangreicher „herumge-excelt“ wurde, desto größer wurden mit den Fehlern und Unsicherheiten auch das Misstrauen der Vertriebsmitarbeiter; Und dieses Misstrauen hat sich dann auch auf Kundenmanagementsysteme übertragen. Die Vorteile eines Kundenmanagementsystems traten in den Hintergrund, und mancher Vertriebsprofi verweigerte standhaft dessen Benutzung und eskalierte an Stelle dessen.
Wie kann ein Kundenmanagementsystem aber dem Vertrieb nutzen? Oder in anderen Worten: Wie kann ein Kundenmanagement System zu mehr Umsatz, zu mehr Effizienz im Vertrieb führen?
- Verbesserung der Zusammenarbeit im Vertriebsteam. Sichtbarkeit der gesamten Kommunikation aller Kollegen mit dem Kunden. Delegation von Aufgaben, zum Beispiel zum Vertriebsinnendienst
- Checkliste für die Zusammenarbeit mit einem Interessenten oder Kunden vom ersten Interesse bis zur Angebotserstellung – besonders hilfreich für neue Vertriebsmitarbeiter
- Übersicht über die kurz- und langfristigen Vertriebschancen: Auch langfristige Kaufinteressen werden nicht übersehen.
- Erleichterung der täglichen Arbeit: Zugriff auf das Kundenmanagement auch im Außendienst mit Smartphone und Tablett, Verringerung der Such- und Organisationsprozesse
Das ist sicher nur ein kleiner Ausschnitt der Vorteile eines Kundenmanagement-Systems für den Vertriebsmitarbeiter, Vertriebsleiter oder Geschäftsführer. Und natürlich führt eine solche Software auch zu mehr Transparenz und erlaubt einen allgemeinen oder speziellen Überblick über die Vertriebspipeline. Oder offen ausgesprochen: Es erlaubt Eigen- oder Fremdkontrolle. Hier sind natürlich zunächst die Unternehmenskultur und die Führungsfähigkeiten der Verantwortlichen im Unternehmen gefragt.
Wenn hier – gerade im Change-Prozess – falsche Zeichen gesetzt werden, kann die Akzeptanz eines Kundenmanagement-Systems in Gefahr geraten.
Was unternehmen wir bei der Neu-Einführung von Kundenmanagement-Systemen bei einem Kunden? Welche Tipps können wir Unternehmen oder anderen Dienstleistern geben?
Ganz banal: Zunächst vermeiden wir „three-letter-words“: Das schließt die englische Abkürzung von Kundenmanagement Systemen (Customer-Relationship-Software = CRM) mit ein. Der Vertrieb soll sich so wenig wie möglich mit dem Vertriebswerkzeug und so viel möglich mit dem Kunden beschäftigen. Besondere Ärgernisse für den Vertriebsmitarbeiter in der bisherigen Vertriebslösung werden Anfang an berücksichtigt.
Oft wird die hohe Anzahl der mit dem Smartphone synchronisierten Adressen kritisiert. Die Suche nach der Telefonnummer Herrn Schmidt – zumal unerlaubterweise während der Autofahrt – kann durch eine bessere Steuerung der Synchronisation erleichtert werden. Früher ein Ärgernis (17 mal Herr Schmidt!), jetzt sind es nur die relevanten Schmidts!
Unsere Software wurde gegenüber der Standardauslieferung des Softwareherstellers vereinfacht und klarer gegliedert. Auch dies erhöht die Akzeptanz. Besondere Anforderungen einer Vertriebsorganisation, die es natürlich immer gibt, berücksichtigen wir von Anfang an. Wenn es aber möglich ist, lassen wir die Anwendung mit zunehmender Nutzererfahrung und den Kundenansprüchen wachsen. Das spart nicht nur anfängliche Kosten, sondern reduziert die Komplexität der Bedienung.
Eine Ausnahme stellen Erweiterungen dar, die sofortigen Nutzen versprechen. Das sind meist die Telefonie-Anbindungen oder die Tourenplanung des Außendienstes. In beiden Fällen bringen die Erweiterungen einen sofort spürbaren Vorteil der täglichen Vertriebsarbeit.
Bei der Gestaltung der Auswertungsmöglichkeiten binden wir die Vertriebsmitarbeiter mit ein. Dies schafft Vertrauen und Verständnis für das Berichtswesen. Es ist uns ein Anliegen, dass das Berichtswesen vom Vertriebsmitarbeiter selbst genutzt wird. Die Absatz- oder Umsatzprognose für die Unternehmenseinheit oder die Gesamtfirma ist zwar nicht verzichtbar – sollte aber im Hintergrund bleiben.
Praxisbeispiel: Von der guten Theorie zur Praxisanwendung
Den ersten Vertriebstrichter – oder auch Funnel oder Vertriebspipeline – hatte auch in Excel geschrieben. Ein Vertriebstrichter strukturiert die vorhandenen Verkaufschancen eines Unternehmens und ermöglicht die Prognose zukünftiger Umsätze. Der Vertriebstrichter zeigt natürlich auch etwaige Handlungsbedarfe auf: In kleinen Unternehmen wird schnell das so genannte „Freiberufler Dilemma“ offenkundig, wenn auf Grund vorhandener Projekte die Vertriebstätigkeit reduziert wird und die mitunter drastischen Folgen erst lang nach Beendigung der Projekte auftreten. In größeren Unternehmen geben sie dem Marketing ein Signal „oben in den Trichter“ neue Leads einzufüllen, die beispielsweise durch Werbeaktionen generiert werden können.
Es ist dabei erforderlich in Excel die vorhandenen Verkaufschancen nach Vertriebsstufen zu qualifizieren und fortzuschreiben. Sinnvollerweise wird auch die Erfolgswahrscheinlichkeit mit in der Analyse berücksichtigt. Recht leicht lässt sich damit grafisch der im Regelfall (und Bestfall) trichterförmige Bestand an Verkaufschancen darstellen.
In einem Kundenmanagement System wird der Vertriebsprozess in mehreren Stufen abgebildet und der Vertriebsmitarbeiter qualifiziert seine Verkaufschancen selbst. Je nachdem, ob die Kundenanforderungen oder das Budget schon in Erfahrung gebracht wurde oder ob gar schon das erste Angebot an den Kunden versendet wurde, rückt man Schritt für Schritt weiter.
Wir stimmen dabei mit dem Kunden ab, ob zum Beispiel Pflichteingaben gemacht werden müssen oder nicht. Für den neuen Mitarbeiter stellt die Abbildung eines solchen Vertriebsprozesses auch eine Checklist dar. Habe ich bereits nach dem Budget gefragt? Wer wird über die Vergabe des Auftrags entscheiden? Kann ich jetzt schon ein Angebot unterbreiten?
Weiterhin hat der Vertriebsmitarbeiter eine Übersicht über seine persönlichen Verkaufschancen – sind sie langfristig oder bedürfen sie einer raschen Reaktion? Gerade langfristige Verkaufschancen drohen oft übersehen zu werden. Dies ist ein ganz wichtiges Argument auch bei erfahrenen Vertriebsteams. Wir arbeiten hier auch mit Automatismen: Das Ablaufdatum eines Wartungsvertrages kann beispielsweise drei Monate vorher eine Verkaufschance generieren.
Resümee: Kontrollierte Optimierung erhöht die Akzeptanz von CRM Systemen
In einem meiner nächsten Aufsätze werde ich voraussichtlich über Checklisten in Kundenmanagement-Systemen schreiben. Welche Abfragen sind hilfreich? Welche Abfragen stören den Vertriebsprozess? Das ist natürlich branchenspezifisch und ich werde mich wieder auf B2B und die Investitionsgüterindustrie mit Anlagen- und Maschinenbau konzentrieren. Auch der Handel in diesen Branchen wird dabei nicht zu kurz kommen.
Wir haben eine hohe Akzeptanzquote für unsere Kundenmanagement-Systeme, die auf der Technologie eines der Marktführer beruhen. Sie muss aber in jedem Unternehmen neu erkämpft werden; das gelingt mit Monsterprojekten genauso wenig wie im Rücken des Vertriebs. Denn der Vertrieb ist der Treibstoff eines erfolgreichen Unternehmens.
[1] Das ist keine Erfindung! Das Gespräch fand tatsächlich in einem wiederbelebten Partykeller aus den 70er Jahren statt!